Hallo beim 4. Wiener SDG-Spaziergang! 

Heute gehen wir von der Radetzkystraße im 3. Bezirk, über die Donauinsel zur UNO-City im 22. Bezirk. Dabei widmen wir uns den SDGs 13 bis 17 (SDG 13: Klimaschutz | SDG 14: Leben unter Wasser | SDG 15: Leben an Land | SDG 16: Friede | SDG 17: Kooperationen).

 

Mein Marsch startet in Radetzkystraße.

Willkommen und auf geht es zu einem neuen Spaziergang im schönen Wien. Das letzte Mal bin ich nach einer gewonnen Tischtennis-Partie dann doch noch recht lang am Yppenplatz hängen geblieben (3. SDG-Stadtspaziergang: hier). Da habe ich mit ein paar Leuten geplaudert. Manchmal habe ich auch versucht, die Agenda 2030 mit den 17 SDGs anzusprechen. Meine Erkenntnis: Kennen tut die SDGs nicht jede/r. Das ist mir nun sehr klar. Jetzt starte ich erst mal meinen Marsch in der Radetzkystraße. Schön, dass du (wieder) dabei bist.

 

 

Optisch eigenartig, symbolisch gut. 

Jetzt, zu Beginn meiner Tour, stehe ich vor einem recht eigenartigen Gebäude - also optisch eigenartig. Sehr speziell irgendwie. Ich lese das Türschild und komme drauf: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Ganz schön langer Titel mit vielen Ressortbereichen, denke ich mir. Ob da alle Themen ausreichend Platz und Bearbeitung in gleichem Maße bekommen? Naja, ich kann das wohl nicht so recht beurteilen. Wenigstens gibt es aktuell ein eigenes Ressort, dass sich für Klimaschutz stark macht. Auch symbolisch gut. Das ist dringend notwendig bei den klimatischen Herausforderungen. Was ich allerdings sehr wohl beurteilen kann, ist mein persönlicher Eindruck. Und der sagt mir, dass ich mir umfangreichen Klimschutz in Österreich wünsche. Nehmen wir SDG 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ ernst, braucht es auch politsich noch mehr die sogenannten Kümmerer, die sich dem Thema ernsthaft annehmen. Klimaschutz können nämlich nicht nur Einzelpersonen. An die Eigenverantwortung zu appellieren ist da zu wenig. Dafür ist seit 50 Jahren, also seit dem Club of Rome-Bericht "Grenzen des Wachstums" in den 1970er Jahren offenkundig zu wenig passiert. Es braucht entsprechende Rahmenbedingungen und den politischen Willen für Maßnahmen. Das erkennen auch die zahlreichen engagierten Klima-AktivitistInnen und HeldInnen vom Klimavolksbegehren. Eigentlich ist es irgendwie frech, dass die Forderungen für Klima-Maßnahmen so stark aus der Bevölkerung kommen müssen, bis sich damit politisch etwas bewegt. Die Politik sollte ja eigentlich diesen zukunftsfähigen Weitblick für uns als Gesellschaft von sich aus haben. Oder nicht?

 

Zwischen den Bims entdecke ich die Urania.

Huch! Da zischt plötzlich eine Bim an mir vorbei. Übrigens: Bim empfinde ich als ein wunderschönes Wiener Vokabular für die Straßenbahn. Im nächsten Moment denke ich mir: Das Öffi-Netz in Wien ist wirklich hervorragend. Auf meinen tätglichen Wegen komme ich tatsächlich überall gut hin. Und wenn mal nicht, dann fahre ich mit meinem Fahrrad. So teilen viele meiner Bekannten und Freunde die Meinung, dass es innerhalb in Wien eigentlich kaum ein Auto braucht. Gegenüber von mir befindet sich gerade die Wiener Urania. Als Volksbildungshaus konzipiert, plus eigener Sternwarte, gibt es dort ein reichhaltiges Bildungsangebot. Das hauseigene Kino lässt Kultur nicht zu kurz kommen und wird ergänzt von zahlreichen Veranstaltungen - zum Beispiel Vorträge und Podiumsdiskussionen. So ein Kasperltheater direkt am Donaukanal. Ja, ein Kasperltheater für die Kids gibt's nämlich auch in der Urania. Und ja, auch der Kasperl interessiert sich schon für die Umwelt(Maßnahmen). 

 

Weiter entlang des Donaukanals.

Die Kreuzung, an der die Urania thront, ist auch so ein Ort, an dem sichtbar wird, was die Bevölkerung so alles bewegen kann. Damit meine ich beispielsweise einen denkwürdigen Flashmob der Radlobby im Jahr 2019. Unten am Donaukanal gibt es auch viel zu entdecken. Wenn ich so auf der Aspernbrücke stehe und mein Blick in die Ferne schweift, frage ich mich, wieso Klimaschutz nicht viel mehr breiten und ernsthaften Anklang in der Gesellschaft findet. Immerhin geht er uns alle an. Auch eine Art Klimaschutz-Maßnahme, die mit dem SDG 14 „Leben unter Wasser“ in Verbindung steht, ist das Wasserkraftwerk am Nordeingang des Donaukanals. Bei dem Gedanken an Wasserkraftwerke schießt mir die reißerische Frage: Saubere Energie für uns, aber schmutziges Geschäft für die Unterwasserwelt? Mh, da ist was dran. Denke ich. Über das Wasser im Donaukanal habe ich mir beim 2. Wiener SDG-Spaziergang auch schon Gedanken gemacht. Offenbar beschäftigt mich das Wasser, dass durch die Wiener Innenstadt fließt, unbewusst doch stärker, als ich dachte. 

 

Von der Fischaufstiegshilfe zum Riesenrad. 

Weißt du, was eine Fischtreppe ist? In Österreich haben wir schätzungsweise 5.000 Wasserkraftwerke. Die meisten sind Klein(st)kraftwerke. Alle Wasserkraftwerke machen meines Wissens nach rund 30% der in Österreich erzeugten Energie aus. Oft - vor allem früher - wurden bei diesen Wasserkraftwerken die Fischtrepppen beziehungsweise Fischauftstiegshilfen nicht mitgedacht. Wenn Flüsse durch Bauwerke unterbrochen werden, sind aber genau diese Fischaufstiegshilfen essentiell für die Fischwanderung. Fische müssen flussauf- und abwärtes Wandern können, um abzulaichen. Nur so kann ein Fortbestehen bestimmter Fischarten gewährleistet werden. Nicht nur deren Fortbestand. Entlang der gesamten Nahrungskette ist der Fisch ein wichtiger Bestandteil für andere Tiere. Auch im Turbinenbetrieb der Wasserkraftwerke kommen abertausende Fische zu Tode. Aber genug jetzt davon. Ich möchte meine Schrittzahl und mein Gehtempo wieder erhöhen. Weiter geht es. Im Herzen des SDG 14 steht das Meer, welches die größte Quelle und Regulationsfähigkeit globaler Ökosysteme auf unserer schönen Welt darstellt. Die Erde wird zu rund zwei Drittel von Wasser bedeckt. Nicht umsonst sagen wir "blauer Planet". Meer gibt es ja bekanntlich in Österreich keines. Dennoch betrifft uns das SDG 14. Nicht nur über unseren Fischkonsum oder mit dem Thema des Mikroplastiks als Folge unseres Konsum- und Wegwerfverhaltens. Ich nehme jetzt einfach die Donau her. Über die Donau haben wir indirekte Verbindung zum Meer. Hast du schon mal was von aquatischen Neobiota gehört? Neobio – WAS? Das sind nicht-heimische Tierarten und Pflanzenarten, die beispielsweise durch Ballastwasser in Schiffen in die heimischen Ökosysteme eingebracht werden. Oft gefährden sie diese mit dramatischen Folgen in Ökosystemen. Für mich geht es jetzt wieder weiter, die Praterstraße entlang. Am Praterstern bewundere ich kurz das Riesenrad und toure weiter die Lassallestraße. Ich gehe soweit, bis ich Wasser sehe.

 

Neobiota und Schafe auf der Donauinsel.

Gerade als ich mich auf der Reichsbrücke befinde, kreuzt unter mir ein Fischerboot die Donau. Da dreht sich in meinem Kopf schon wieder alles um Fische, Fischerei, Überfischung und Meeresschutzgebiete. Jap, da ist dringend Handlungsbedarf nötig! Passen wir bitte auf unsere Fische und Gewässer auf! Einem gewissen Herrn Hans Heinrich Julius Hass hätte das sicherlich auch gefallen. Er war ein österreichischer Zoologe und Meeresforscher. Neobiota gibt es an Land natürlich auch. Schau ich mir so die Donauinsel an, fällt mir überall der irreführend schön klingende Götterbaum auf. Der wuchert auch in der Stadt schnell mal alles zu. Die Donauinsel zum Beispiel. Ursprünglich als Hochwasserschutzmaßnahme für Wien geplant, entpuppte sie sich schnell als heiß begehrter Naherholungsraum der Menschen, die in der Stadt lebten. Bis heute. Und heute gibt es hier sogar Schafe. Diese helfen, das Inselgras auf natürlichem Wege in Zaum zu halten und sind zugleich eine heitere Abwechslung zum urbanen und bebauten Lebensalltag.

 

Win-Win-Wien.

Ha! Das nenne ich mal eine gelungene Überleitung. Nämlich eine Überleitung zu SDG 15 „Leben an Land“. Gehört der Mensch da eigentlich auch dazu? Wir sind doch auch nur Lebewesen. Oder? Die menschliche Hybris lässt anderes vermuten. Naja. Jedenfalls scheint das Ökosystem Donauinsel recht gut zu gedeihen. Hier und da wertvolles Totholz - so gar nicht tot, sondern voller Leben. Biber, die sich wieder ansiedeln können. Ein künstlich geschaffenes Land, welches ganz „zufällig“ Biodiversität fördert und neuen Lebensraum schafft. Das empfinde ich als Win-Win-Wien. Ja, genau: Win-Win für Mensch und Umwelt in Wien. Von der Donauinsel gehe ich weiter über die Ponte Cagrana. Da erblicke ich in starkem Kontrast das "neu-moderne Wien" auf der Donauplatte.

 

Am Ende stehe ich vor dem symbolischen Inbegriff der SDGs.

Die Donau-City türmt sich vor mir auf. Eine ganz andere Insel auf der Insel. Hoch vor mir empor ragt der DC-Tower. Doch ein wenig unwirtlich für das traditionsreiche und architektonisch verspielte Wien. Hat aber was - ohne Zweifel. Ich gehe weiter, der Promenade entlang. Der Isidro-Fabela-Promenade entlang. Und dann stehe ich da: vor dem Inbegriff der SDGs - insbesondere des SDG 16 „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ sowie des SDG 17 „Partnerschaften zur Erreichung der Ziele“. Ich bin am Ende meiner vier Wiener SDG-Stadtspaziergänge (hier) angelangt. Ich stehe vor der UNO-City, einem der vier offiziellen Sitze der Vereinten Nationen. Die Agenda 2030 mit den 17 SDGs wurde 2015 als UNO-Resolution verabschiedet. Ausgearbeitet und unterstützt von über 190 Staaten unserer Erde für eine bessere und nachhaltige Zukunft. Na wenn das nicht Ansporn und Motivation ist. Und irgendwie auch eine kleiner Stupser als Erinnerung an das riesige Boot names Weltgemeinschaft, in dem wir alle gemeinsam sitzen. Es gibt eben nur einen Planeten wie unseren - nicht nur auf das Klima bezogen. 

 

Im Tretboot: Mein Resümee der Wiener SDG-Stadtspaziergänge.

Wo ich gerade vom Boot spreche. Ich schnapp mir jetzt zum Abschluss ein Tretboot und erkunde die Alte Donau vom Wasser aus. Ich nehme die Möglichkeit wahr, um mit dir mein Resümee der SDG-Stadtspaziergänge zu teilen. Also, mein Resümee?! Bunt, sehr bunt. Vielfältig. Ich bin teils skeptisch, teils wunderbar optimistisch und erstaunt über die vielen großartigen Ansätze und Initiativen in Wien. Die Themen liegen auf der Straße und werden uns teilweise bedrückend unmittelbar vor Augen geführt. Mir wird klar, dass uns alle 17 SDGs in irgendeiner Form betreffen. Sie begegnen und betreffen uns in unseren verschiedenen Lebensrealitäten. Wir haben es teilweise selbst in der Hand, Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten - sozial, ökologisch und wirtschaftlich gedacht. Und es braucht aber auch gestaltete Rahmenbedingungen, die uns ein Nachhaltigkeits-Handeln erst ermöglichen und belohnend schmackhaft machen. Ziehen wir bitte alle an einem Strang im Sinne einer besseren Zukunft. Es geht um unsere gemeinsame Zukunft. Es geht um Lebensqualität - heute und morgen. Fix ist: wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. 2030 kommt. Die 17 SDGs wollen umgesetzt werden. Wenn du wachsam sowie mit offenen und kritischen Augen durch die Welt gehst, siehst du deutlich die Zusammenhänge. Alles hängt zusammen. So ticken auch die SDGs. Kein Ziel steht alleine für sich isoliert da. Kein SDGs darf ausschließlich abgekapselt gedacht werden. Alles bedingt einander. Eine bunte Vielfalt an Herausforderungen, denen wir uns genauso bunt stellen dürfen. Raus aus unserer Komfortzone, rein in die wundersame Welt der Veränderungen für nachhaltige Entwicklung.

 

Danke für das Mitspazieren. Let's be SDG! 

 

Hinweis: Die Serie "Wiener SDG-Stadtspaziergänge" ist eine Aktion des Instituts für Umwelt, Friede und Entwicklung (IUFE) für den SDG-Nachhaltigkeitsblog www.zukunftsrezepte.at. In vier Stadtspaziergängen zeigt dir das IUFE-Team die verschiedenen SDGs in Österreichs Hauptstadt. Welche Themen, Gedanken und Handlungsmöglichkeiten in Wien im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu erkennen sind, kannst du nachlesen: