Hallo beim 1. Wiener SDG-Stadtspaziergang!

Heute gehen wir vom Wiener Westbahnhof, durch den 7. Bezirk hinein ins Alte AKH im 9. Bezirk. Dabei widmen wir uns den SDGs 1 bis 4 (SDG 1: Armut beseitigen | SDG 2: Hunger bekämpfen und gesunde Ernährung | SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen | SDG 4: Bildung).

 

Soeben in der Stadt angekommen.

Ich bin gerade frisch mit dem Zug am Westbahnhof angekommen und habe eine bunte Mission im Gepäck: Spazierengehen! Nicht nur irgendwie. Nein. Ich will die Stadt bewandern, ihre Grätzel und die verschiedenen Lebenswelten kennenlernen und mir gleichzeitig über die SDGs Gedanken machen. SDGs? Ja, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die auch als Sustainable Development Goals bekannt sind - kurz: SDGs. Beim Spazierengehen möchte ich mir wieder einmal in Erinnerung rufen, dass Nachhaltigkeit im Kleinsten beginnt. Bei mir persönlich im Inneren. Ausschlaggebend dafür ist auch, wie ich meine Mitwelt wahrnehme. Da bietet sich so ein SDG-Stadtspaziergang wunderbar an. Ich möchte aufzeigen, wie vielfältig und divers die SDGs sind. Und wie allgegenwärtig und wichtig sie sind. Und, dass sie jede/n von uns berühren. Heute spaziere ich gemütlich in Richtung Wiener Innenstadt, um im Alten AKH im 9. Bezirk zu enden.

 

 

Jetzt los. Rein ins Geschehen!

Schon bevor ich überhaupt den Westbahnhof verlassen habe, kommen mir die Agenda 2030 mit ihren 17 SDGs in den Sinn: SDG 1 „Keine Armut“. Armut? In Wien ganz sicher nicht der Fall! Das denke ich im ersten Moment. Aber hallo, ganz so ist es ja auch nicht! Das denke ich im zweiten Moment. Auch wenn sich Österreich im internationalen Vergleich nicht schlecht schlägt, so gibt es auch hierzulande vielerlei Gründe, welche die Armut im Land steil ansteigen lassen. Und da meine ich jetzt nicht primär die Coronavirus-Pandemie. Ein zu geringes Einkommen trotz Arbeitsplatz (Working Poor), stark steigende Wohnkosten und fehlende soziale Kontakte sind nur einer der Gründe, die als Anfang einer bedrohlichen Abwärtsspirale wirken können. Glücklicherweise bin ich mittlerweile schon die Mariahilfer Straße - liebevoll auch Mahü genannt - stadteinwärts spaziert und komme an der Gruft in der Barnabitengasse vorbei, die mich daran erinnert, dass es Orte gibt, an denen Menschen geholfen wird, wieder Fuß zu fassen. Während ich weitergehe und meine Füße in Bewegung setze, schreibe ich meiner virtuellen Freundesgruppe auf Signal, ob wir dort nicht einmal für Obdachlose gemeinsam kochen wollen. Denn so viel ich weiß, werden dort freiwillig helfende Kochgruppen von der Gruft nach Anmeldung gerne willkommen geheißen.

 

Vielfalt beim Essen auf der Mahü

Apropos Kochen. Ich hab schön langsam Hunger. Bei SDG 2 „Kein Hunger“ dreht sich alles um das Sattwerden und gutes Essen und Lebensmittelproduktion. Wenn das nur einmal überall auf der Welt so einfach wäre, wie ich es gerade habe. Ich befinde mich gerade inmitten unzähliger Angebote - von Supermärkten, über Imbissstände, bis hin zu Restaurants. Köstlich duften tut es auch überall! Ernährungssicherheit schön und gut. Aber brauchen wir wirklich 3-D-gedruckten, veganen „Lachs“? Diese Frage darf sich ja bekanntlich jede/r von uns selbst beantworten. Dann vielleicht doch lieber das Future-Food Schnecke vom Wiener Gugumuck oder in Kaffeesud wachsende Pilze von Hut&Stiel? Naja, jedenfalls tut sich in Sachen Ernährung sichtlich einiges. Innovation und Nachhaltigkeit wird groß geschrieben. Und das ist gut so, wenn wir es schaffen sollen, bis 2030 keinen Menschen mehr hungern sehen zu wollen. Jedoch nur mit kreativen, neuen Ideen kommen wir da leider nicht hin. Ein Plakat über „FOODPRINTS“ des Technischen Museums erweckt meine Aufmerksamkeit. Sicherlich auch einen Besuch wert. Husch, da flitzt ein Adamah-Mitarbeiter mit einem für die Zustellung bereiten BioKistl an mir vorbei. Da freu ich mich schon auf meine nächste Lieferung Zuhause. Einmal in zwei Wochen lasse ich zustellen. Herrlich! Ganz offensichtliches Umdenken passiert auch gerade bei Brot. Gutes altes Handwerk und den nötigen Respekt für die Natur, so will ich mich persönlich ernährt wissen. Mit meinem Öfferl-Proviant in der Hand geht’s vorerst weiter die Mahü runter, wo ich mich am Platz der Menschenrechte wiederfinde.

 

Platz der Menschenreche.

Es stimmt mich irgendwie nachdenklich, dass es einen Platz mit diesem Namen und dieser wichtigen Symbolwirkung erst seit 2014 gibt. Na, aber jetzt hat ihn Wien. Meine Gedanken lassen diesen Platz nicht los. Was soll dieser Name eigentlich bedeuten? Bekommt man hier seine Menschenrechte ausgehändigt? Im Gegenteil, die muss man sich teilweise immer noch hart erkämpfen. Genauso wie die SDGs, welche die Menschenrechte ja quasi als inhaltliches Fundament haben. So zeigt es uns auch das Motto der SDGs: Leave no one behind - lasse niemanden zurück. Da fällt mir gerade ein: Kein Hunger ist das eine. Gesunde Ernährung ist das andere. Beides essentiell. Es kommt ja auch auf die Qualität und Zusammensetzung der Ernährung an. Abwechslung, Vitamine und Ballasstoffe und so weiter. Vielfach unterschätzt und vernachlässigt trägt sie maßgeblich zu einem gesunden und guten Leben bei.

 

Geht's dem Körper gut, geht's dem Klima gut.

Aja, das war doch das SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“. Österreich hat ja bekanntlich eine sehr gute Gesundheitsversorgung und ein dichtes Netz an Angeboten in diesem Sektor. Eine gewisse Pandemie - die hier nicht genannt werden möchte, weil sie in den letzten beiden Jahren bereits Lebensrealtiäten aller Menschen (zu) stark beeinflusst hat - hat uns aber mitunter sehr deutlich gezeigt, welche Herausforderungen und Probleme es gibt. Und zwar auf Systemebene, in verschiedenen Gesellschaftsbereichen und auch in individuellen Lebensbereichen. Selbstverständlich soll Gesundheit als holistisch verstanden werden. Also als positiver Zustand des vollständigen körperlichen, mentalen und sozialen Wohlbefindens. Das bedeutet aber auch, dass Gesundheit nicht rein körperlich zu betrachten ist. Was die gesetzten Maßnahmen in der Pandemie mit unserer mentalen Gesundheit machen, wird uns als Gesellschaft auch gerade deutlich vor Augen geführt. Schrecklich! Jedenfalls bin ich mittlerweile am Wiener Museumsquartier im 7. Bezirk vorbei gegangen. Vorm Weghuberpark stoße ich auf eine CityBike-Station. Wien stellt ja gerade von Citybike auf WienMobil Räder um und erweitert auf 3.000 Fahrräder. Auch eine Möglichkeit, sich fit zu halten. Eine wunderbare Kombi aus sportlicher Betätigung und klimafreundliche Mobilität. "Geht's dem Körper gut, geht's dem Klima gut", sprudelt es in meinem Kopf. Ich nutze also meine vielleicht letzte Gelegenheit und leihe mir ein CityBike aus. Praktisch, unkompliziert und bequem. So soll es sein. Ich radle los.

 

Setze dich ab und zu auf eine Schaukel.

Gleich zu Beginn komm ich beim Spielplatz des besagten Weghuberparks vorbei und erinnere mich, wie gern ich eigentlich schaukle. Mein Appell an alle, die sich „erwachsen“ fühlen: Setzt euch ab und zu auf eine Schaukel und spürt den Wind im Gesicht und in euren Haaren. Das lässt zumindest mein persönliches Wohlbefinden immer wieder hochleben. Ich fühle mich dann richtig lebendig. Auch die unzähligen Aktiv Parks in Wien haben mich schon das ein oder andere Mal wieder lebendig fühlen lassen. Ich radle also über die Auerspergstraße, die in weiterer Folge zur Landesgerichtsstraße wird. Da bin ich eine echte Grenzgängerin - an der Grenze des 1. und 8. Bezirks. Am Ende links gebe ich am Frankhplatz das CityBike wider ab. Für mich reicht's für heute. Kurz aber doch. Man muss sich ja körperlich nicht immer völlig verausgaben.

 

Ende der Radtour. Letzte Station erreicht. 

Meine kleine Radtour hat mich zur letzten Station des Tages gebracht. Vorher noch schnell durch den Ostarrichipark. Ja, als "Ostarrichi" kam Österreich damals im 10. Jahrhundert in seiner ersten unabhängigen Nennung vor. Klingt schon lustig. Innerlich muss ich schmunzeln. Konzentration!, sage ich mir wieder. Denn jetzt begegne ich SDG 4 "Hochwertige Bildung". Hier wo Gesundheitsversorgung und Bildung nicht nur ausbildungstechnisch, sondern auch architektonisch-historisch zusammentreffen. Im sogenannten Alten AKH. Heute ist es ein Campus der Uni Wien. Hier wird dem SDG 4 Rechnung getragen. Und mir wird bewusst: Ein wahreres Privileg sind die 22 öffentlichen Universitäten, an denen wir praktisch kostenlos studieren dürfen. Bildung aber ist natürlich noch viel mehr als nur ein günstiges Studium mit dazugehörigem Studentenleben. Dazu gehören auch Kindergärten, Pflichtschulen und alle möglichen Lernoptionen und Ausbildungswege, bis hin zur Weiterbildung im hohen Alter. Und die Inhalte? Die sollten wahrlich nicht nur wirtschaflich bemessen und zum Beispiel ans BIP angepasst sein. Auch Inklusion, Chancengleichheit und Gleichberechtigung sind die Themen der Stunde. Schaffen wir das, so kann Bildung auch Nachhaltigkeit bedeuten - nicht nur ökologische, sondern auch soziale Nachhaltigkeit! 

 

Wir können selbst Beiträge leisten. 

Mit den Kids ins Museum? Außerschulische Bildungsangebote gestalten, zum Beispiel mit den FreundInnen deiner Kinder in der Natur draußen? Vielleicht einfach mal eine Vorlesung besuchen? Oder Schule mitgestalten? Auch Unis können sich zum Prinzip der Nachhaltigkeit bekennen und dementsprechend forschen, lehren und managen. Davon hätten wir als Gesellschaft einiges. Bildung kann jedenfalls der Ursprung der Veränderung sein, die wir vielerorts offenkundig brauchen. „Wenn das Leben das höchste Gut ist, so ist Bildung der Schlüssel zum höchsten Gut.“, sagte schon Ernst von Feuchtersleben (Wiener Universitätsprofessor und Initiator der Bildungsreform im 19. Jahrhundert). In diesem Sinne, lasst uns alle dazu beitragen, dass die „richtigen“ und „wichtigen“ Schlüssel zum Einsatz kommen!

 

Ende. 

Nun sitze ich also hier, im Hof 8 am Campus und lasse mir noch die letzten Sonnenstahlen dieses Februartags ins Gesicht scheinen. Ach ja, noch ein Detail, das uns zu denken geben sollte: Dieser Februrar 2022 ist eine der überdurchschnittlich wärmsten Februar-Monate sein Messaufzeichnungen. Auch der Wind ist nicht ohne. Zuletzt sehe ich mir meinen heutigen SDG-Stadtspaziergang am Routenplaner an. Hoppla, was sehe ich denn da! Heute war es im wahrsten Sinne der Worte straight forward. Aber manchmal ist das im Leben eben so. Man muss nicht immer komplizierte Umwege gehen. Obwohl es ja bekanntlich heißt, dass man durch Umwege das Leben besser kennenlernt, ist eine gewisse Fokussierung und Effizienz manchmal gar nicht so verkehrt. Genau so wünsche ich mir das für die SDG-Umsetzung für eine bessere Welt. Danke fürs Dabeisein und gedankliche Mitgehen. Du liest von mir beim 2. Wiener SDG-Stadtspaziergang: hier. Bis bald. Ich freue mich auf dich! 

 

Hinweis: Die Serie "Wiener SDG-Stadtspaziergänge" ist eine Aktion des Instituts für Umwelt, Friede und Entwicklung (IUFE) für den SDG-Nachhaltigkeitsblog www.zukunftsrezepte.at. In vier Stadtspaziergängen zeigt dir das IUFE-Team die verschiedenen SDGs in Österreichs Hauptstadt. Welche Themen, Gedanken und Handlungsmöglichkeiten in Wien im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu erkennen sind, kannst du nachlesen: