Ein Plädoyer für SUFFIZIENZ VOR EFFIZIENZ

Lisa Lorenz über ein gutes Leben und die Sinnhaftigkeit mancher Effizienzziele.

 

Lasst es uns nicht effizienter machen, lasst es uns überhaupt nicht machen!

Ein Plädoyer für Suffizienz vor Effizienz.

 

Effizienz ist großartig. Effizienz dient als Kriterium, um zu entscheiden, „ob eine Maßnahme geeignet ist, ein vorgegebenes Ziel in einer bestimmten Art und Weise zu erreichen.“ (Gabler Wirtschaftslexikon). Im Kontext des Umwelt- und Klimaschutzes geht es dabei meist darum, ein besseres Ergebnis mit geringerem Ressourceneinsatz zu erzielen. Effizientere Prozesse leisten so einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Gleichzeitig reicht dafür alleinige Effizienzsteigerung nicht aus. Zuvor sollte nämlich die Frage stehen, ob das vorgegebene Ziel überhaupt notwendig und die Art der Zielerreichung sinnvoll ist. Das ist entscheidend, damit Effizienz nicht den Blick auf andere Lösungswege verstellt.

 

Beispiel „Ernährungssicherheit & biologische Landwirtschaft“

Ein gutes Beispiel hierfür ist die Frage der Ernährungssicherheit im Kontext der biologischen Landwirtschaft. Hier hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass Biolandbau wegen geringerem Ertrag pro Fläche eine wachsende Weltbevölkerung nicht ernähren könnte. Nur intensivierte Landwirtschaft sei effizient genug, um den gesteigerten Bedarf an Nahrung (das Ziel) mit möglichst wenig Flächeneinsatz (die Art und Weise) sicherzustellen. Effizienz betrachtet hier jedoch einzig die Produktionsseite. Vielmehr müssen daneben auch Ernährungs- und Verteilungsaspekte bedacht werden. Würden beispielsweise global weniger Lebensmittel weggeworfen oder weniger tierische Produkte verzehrt, wäre es nicht nötig, die landwirtschaftlichen Erträge auf ein Effizienzmaximum zu steigern. In einem gesamtheitlich veränderten Ernährungs- und Landwirtschaftssystem wäre deswegen Biolandbau sehr wohl in der Lage, ausreichend Lebensmittel zu produzieren. Und gleichzeitig Boden, Wasser und Biodiversität als wichtige Ressourcen zu schützen.

 

Suffizienz und ein gutes Leben

Noch vor dem Streben nach Effizienz muss deswegen die Suffizienz stehen. Suffizienz wird meist mit Verzicht verbunden. Doch letztlich geht es bei Suffizienz vor allem darum was es für ein gutes Leben braucht. Suffizienz fragt nicht, wie etwas effizienter erreicht werden kann, sondern ob und warum etwas überhaupt erreicht werden muss. Suffizienz bietet die Chance, einen Schritt zurückzutreten und ein Ziel von Weitem zu betrachten. Erst dieser weite Blickwinkel ermöglicht es, neue Aspekte und Lösungen zu sehen. Ich möchte deswegen gerne dazu einladen, vor der nächsten Entscheidung zunächst einen Suffizienz-Schritt zurückzugehen und sich zu fragen, ob das Ziel tatsächlich Sinn macht? Und welche anderen Möglichkeiten es gäbe, es zu erreichen? Was ist notwendig für ein gutes Leben? Und wie lässt es sich gestalten?

 

Zur Person: Die Frage, wie sich Menschsein mit Umweltschutz vereinen lässt, beschäftigt Lisa Lorenz seit ihrer Kindheit. In ihrem Studium der Geographie und Umweltwissenschaften sowie in ihrer Arbeit im Umweltberatungs- und Bildungsbereich fand sie darauf bereits viele Antworten. Seit Herbst 2020 studiert sie außerdem berufsbegleitend Umweltpädagogik, um auch in Zukunft mit anderen Menschen zu erforschen, wie ein gutes Leben auf einem gesunden Planeten aussehen kann.