FOTOSHOOTING MIT HUT & STIEL

Manuel Bornbaum und Florian Hofer gaben uns Einblick in ihr innovatives Unternehmen. Tolle Fotos und ein spannendes Gespräch sind das Ergebnis.

Nach unserem „Upcyling-Fotoshooting“ und dem „Unverpackt.Ehrlichen-Fotoshooting“ besuchten wir diesmal das Start-Up „Hut & Stiel“. Wir schnappten abermals unsere Kamera und packten ein paar Interviewfragen. Dann machten wir uns auf den Weg in die Wiener Brigittenau, denn dort waren wir mit einem der beiden Gründer und Betriebsleiter, Manuel Bornbaum, verabredet. Er gab uns Einblick in das Unternehmen, die Arbeitsweise sowie die Philosophie von „Hut & Stiel“. Herausgekommen ist das FOTOSHOOTING MIT HUT & STIEL mit einem spannenden Gespräch über Pilzzucht, Open Source, Nachhaltigkeit und vieles mehr.

 

DIE GESAMTE BILDERGALERIE GIBT ES HIER.

 

Zugegeben: Wir waren ein bisschen aufgeregt und vor allem sehr neugierig. „Hut & Stiel“ erlebt aktuell – etwa 2 Jahre nach Gründung – einen regelrechten Höhenflug. Manuel und Florian freuen sich über einen stetig wachsenden Kundenstock, denken an Expansion, sind beliebte Interviewpartner zahlreicher Medien, dürfen sich Träger von unterschiedlichen Auszeichnungen nennen, gelten für Nachhaltigkeits-Initiativen als Role Models und agieren selbst höchst engagiert in vielen Bereichen. Das hinterlässt Eindruck. Demnach freuten wir uns riesig auf das gemeinsame Treffen. Eines vorweg: Wir wurden nicht enttäuscht! Aber alles der Reihe nach…   

 

Es geht los. Willkommen im 20. Bezirk

Da standen wir nun. Innstraße 5. Ein graues, in die Jahre gekommenes Wiener Wohnhaus war zu durchschreiten, um durch den kleinen Innenhof zum Büro und in weiterer Folge in den Produktionskeller und Garten von „Hut & Stiel“ zu gelangen. Zu Beginn waren die Räumlichkeiten die größte Baustelle der beiden Gründer aus Oberösterreich, wie wir später im Gespräch erfahren sollten. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn rund 6 Monate dauerten die Renovierungsarbeiten, welche die beiden Studenten (Maschinenbau und Agrarwissenschaften) damals in Kauf nahmen, um ihren Traum von der urbanen Pilzzucht verwirklichen zu können.

 

So, so! So sieht also ein Stadtbauer aus

Wir klopften an der Bürotür. Florian begrüßte uns anfänglich und brachte uns weiter zu Manuel, der im Garten arbeitete. So sieht also ein Stadtbauer, besser gesagt ein innovativer Unternehmer mit Pilzzucht-Start-Up mit gebackenen Austernpilz-Schnitzel als Lieblingsspeise aus: 6-Tages-Bart, Haare gemäß einem langen und anstrengenden Arbeitstag, grauer Pullover, kurze schwarze Sporthose, Crocs und Socken. Äußerst angenehm, seine empfundene Leichtigkeit im Handeln, angenehme Lässigkeit und Authentizität sowie Leidenschaft und Gastfreundschaft.

 

8 bis 10 Wochen dauert es, bis qualitativ hochwerte Pilze zu ernten sind

Nach einer kurzen Begrüßung ging es mit der Unternehmensführung los. Manuel zeigte uns jeden einzelnen Produktionsschritt und erklärte uns, auf was es bei der Pilzzucht im Wohnhauskeller ankommt. Nachdem der Kaffeesud mit dem eigenen elektrischen Lastenfahrrad von Wiener Gastronomiebetrieben abgeholt bzw. von den Pensionistenhäusern KWP in die Innstraße geliefert wird, wird der händisch entfeuchtete Kaffeesud mit Pilzsporen (Myzel) gemischt. Danach wird abgepackt - üblicherweise in schwarze Säcke, in denen sich das Myzel rapide ausbreiten kann. Im Inkubationsraum läuft dieser wichtige Schritt in rund 4 Wochen unter optimalen Bedingungen für die Pilze ab. Danach gelangen die Säcke mit den Pilzen in den Reiferaum, in dem sie unter kühlen und feuchten Bedingungen zu leckeren Speisepilzen heranreifen. Danach wird geerntet. Gezüchtet wird in erster Linie der Austernpilz (Austernseitling).  

 

Der Schwammerl-Kreislauf

Im Garten kamen wir auf den Schwammerl-Kreislauf zu sprechen. „Hut & Stiel“ agiert nach dem Prinzip der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, auch deshalb, um möglichst wenig Abfall zu produzieren. Ausgangs- und Endstation dieses Kreislaufs ist die Kaffeepflanze: 1) Kaffeepflanze, 2) Bohne, 3) Kaffeesatz & Kaffee, 4) Kaffeesatz & Pilzsporen, 5) Pilze & Humuserde aus Abfallsubstrat, 6) Kaffeepflanze.

 

Tüfteln, weiterentwickeln, verbessern

Manuel machte klar, dass er und Florian stets den Anspruch auf Weiterentwicklung und Verbesserung hegen. Um dies möglich machen zu können, richten die beiden derzeit ein hauseigenes Labor ein. Dort wird unter anderem an der perfekten „Hut & Stiel-Pilzmyzel-Zusammensetzung“ gearbeitet. Aber nicht nur im Labor wird geforscht und getüftelt. So hängen beispielsweise im Garten versuchsweise mit Pilzsporen „geimpfte Baumstämme“, an denen über mehrere Jahre hinweg Pilze zu ernten sind. Um in Zukunft verstärkt Emissionen vermeiden zu können, haben sich die beiden Unternehmer in der Vergangenheit die CO2-Bilanz des gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte analysieren lassen. Danach war klar, an welchen Hebeln anzusetzen ist. Auch an einem neuen Produkt wird momentan gearbeitet: Pilz-Grow-Kit für Zuhause.

 

Manuel, hast du von Beginn an beabsichtig, dich selbstständig zu machen - oder hat sich’s mit „Hut & Stiel“ einfach so ergeben?

„Ich wollte immer Bauer werden. Selbständig arbeiten, war vor Anfang an klar. Voraussetzung war natürlich eine gute Idee. Dass es sich schlussendlich in Wien ergibt, habe ich nicht vorhergesehen. Aber in dieser Stadt gibt es einfach so viel Kaffeesud für unsere Pilze. Da fiel die Entscheidung für Wien nicht all zu schwer. Flo erzählte mir damals von der Idee der Pilzzucht. Ich war sofort begeistert. Danach absolvierten wir ein gemeinsames Praktikum in Rotterdam, bei dem wir die Grundlagen und das Handwerk lernten. Wieder zurück in Wien, starteten wir 2015 mit „Hut & Stiel. Heute sind wir 3 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und 2 Praktikanten und Praktikantinnen. Rückblickend betrachtet hat sich wohl vieles glücklich ergeben.“    

 

Manuel, was bedeutet „Nachhaltigkeit“ für dich und wie erlebst du derzeit die Community in Wien?

„Mein Nachhaltigkeitsverständnis stammt aus dem Ökolandbau und mein Motto lautet: Life in a way to gain tomorrow. Die Szene in Wien, vor allem die unternehmerisch-tätige Community, erlebe ich derzeit als äußerst positiv. Sie ist wachsend, vielfältig und cool. Es ist ein gemeinsames Miteinander. Auch Medien stürzen sich immer häufiger drauf. So bekommen auch kleine Unternehmen in ihren Nischen die Chance erfolgreich sein zu können. Das ist gut so.“

 

Manuel, du und Florian setzen auf Open Source, also auf den Gedanken euer Wissen zu teilen. Was steckt da dahinter?

„Unser Ansatz ist klar, der da heißt: Gemeinsam geht es besser. Wir haben es damals selbst in Rotterdam erlebt. Dort gaben uns interessierte und engagierte Personen ihr wertvolles Wissen weiter. Damit konnten wir in Wien so richtig durchstarten. „Hut & Stiel“ ist Teil einer Community, die wir auf keinen Fall missen wollen. So sind wir beispielsweise Mitglied des europäischen Mushroom Learning Network, bieten monatlich einen Pilzzucht-Workshop an und tüfteln mit Freunden und Kollegen an neuen Ideen und Produkten. Wir erhalten aber auch immer wieder Input von außen. Wir leben sozusagen von der Crowd.“

 

Manuel, gibt es Zukunftspläne?

„Ja, wir schmieden an einigen Ideen, die wir demnächst umsetzen möchten. Einer der nächsten Schritte ist ein zweiter Produktionsstandort. Wir sind derzeit auf Objektsuche. Und auf die Eröffnung unseres Hofladens am 13. Mai 2017 freuen wir uns schon.“

 

Frühlingsfest am 13. Mai 2017

Zum zweiten Geburtstag von „Hut & Stiel“ veranstalten die Gründer, Manuel und Florian, am 13. Mai 2017 ihr Frühlingsfest mit geladenen Gästen, befreundeten Unternehmer/innen, Nachbar/innen sowie mit allen interessierten Personen im hauseigenen Garten. An diesem Tag wird der eigene Hofladen eröffnet.

 

Das Unternehmen

Die gebürtigen Oberösterreicher Manuel und  Florian gründeten 2015 ihr Start-Up „Hut & Stiel“ als landwirtschaftlichen Betrieb in Wien. Neben der Produktion von unterschiedlichen Speisepilzen, die sie an Gastronomie und Privatpersonen verkaufen, lassen sie diese aber auch zu Pesto, Sugo und Aufstrich verarbeiten. Innstraße 5, Top 1, 1200 Wien. www.hutundstiel.at

 

Weiterführende Informationen und Medienberichte über "Hut & Stiel":

 

Interview: Florian Leregger | Fotos: Michael Schreiber (zukunftsrezepte-Team).